Remote Recording: Podcast mit Abstand

Im Grunde ist das Thema „Remote Podcasten“ immer aktuell und in Workshops eines der meist nachgefragten Setups. Aber gerade jetzt, wo vielerorts die Homeoffices wieder verstärkt besiedelt werden, gilt es um so mehr, das geplante Podcast-Projekt aus sicherer Entfernung umzusetzen. Einbußen bei der Qualität muss man dabei nicht hinnehmen.

Es gibt unterschiedliche Lösungen für das Podcasten mit mehreren TeilnehmerInnen, die nicht am selben Ort sitzen. Ich möchte euch einige etablierte Wege vorstellen, euren Remote Podcast so umzusetzen, als wärt ihr und eure Co-Hosts im selben Raum.

So bitte nicht!

Bevor es losgeht, möchte ich vor einer Methode warnen, die gerade Home-Office erprobten Podcast-Neulingen naheliegend und attraktiv erscheinen könnte. Conferencing-Tools wie Zoom, Slack oder Teams verfügen über eine eingebackene Funktion, ein Meeting aufzuzeichnen. Wieso also nicht einfach den Podcast direkt in so einem Tool durchführen und die Tonspur verwenden? Damit die Verbindung unter den Teilnehmern garantiert werden kann, wird die Qualität von Bild- und Video gedrosselt. So entsteht zwar sehr schnell und einfach die Tonspur eines Gesprächs, jedoch in einer Qualität, die schlechter ist, als sie sein müsste. Außerdem werden alle Teilnehmenden zu einer Tonspur runtergemischt, was das Schneiden und Leveln deutlich erschwert.

Methode 01 – Remote sprechen, lokal recorden

Dieser klassische Weg der distanzierten Aufnahme ist denkbar einfach und wahrscheinlich deshalb immer noch weit verbreitet. Nicht wenige der erfolgreicheren Podcasts, die professionell vermarktet werden, verlassen sich auf diese Methode.

Die Hosts verabreden sich in einem Voice- oder Videochat-Tool ihrer Wahl und führen ihr Gespräch. Die Aufnahme läuft parallel in einer mitlaufenden DAW (Digital Audio Workinstation: Eine Software zum Recorden), oder einem externen Recorder wie dem Zoom H6. Jeder nimmt also nur seine eigene Tonspur auf, die nachher zu einem Ganzen zusammengefügt werden. Dabei ist es wichtig darauf zu achten, dass alle Teilnehmer Kopfhörer tragen, damit kein Sound, der aus den Boxen kommt, von den jeweiligen Mikros abgegriffen wird. Im Anschluss an die Aufnahme werden die lokal recordeten Files schließlich per wetransfer o.ä. an jenen Menschen verschickt, der sich um die Postproduktion kümmert. Dieser fügt die einzelnen Tonspuren zusammen und schneidet den Podcast wie gewohnt. Et Voila.

Vorteile

+ Keine spezielle Software notwendig

+ Recht robuste Methode, da es wenige Stellen gibt, an denen etwas schief gehen kann

Nachteile

– Hoher logistischer Aufwand, da Files hin und her geschickt werden müssen

– Die Tonspuren müssen synchronisiert werden

– Hohe Wahrscheinlichkeit unterschiedlicher Lautstärken

Methode 02 – Aufnehmen in der Cloud

Inzwischen gibt es unterschiedliche Anbieter, die es sich zum Geschäftsmodell gemacht haben, das Problem der Remote Aufnahme zu lösen. Zencastr ist ein Beispiel, ein anderer ist Cleanfeed. Anders als bei aufgenommenen Videochat-Meetings, wird die Audioqualität in der Regel nicht gedrosselt, sondern im kristallklaren VoIP-Standard unkomprimiert übertragen. Die Podcastenden treffen sich in der Weboberfläche des Tools, wo das Gespräch geführt wird. Derweil wird die Aufnahme auf die Servern des Anbieters geschrieben und ist im Anschluss downloadbar. Ich habe diesen Weg einige Male ausprobiert und musste feststellen, dass die Stabilität der Anbieter-Webseiten nicht immer verlässlich war. Vereinzeltes Knacken in den Aufnahmen bis hin zu gänzlich verschwundenen Tonspuren halten mich heute davon ab, den Erfolg meiner Podcast-Aufnahme solchen Anbietern anzuvertrauen. Es mag sein, dass diese Probleme inzwischen behoben wurden.

Vorteile

+ Recht einfacher Prozess

+ Verlustfreie Audioqualität

Nachteile

– Erfolg der Aufnahme ist von der Stabilität der Webseite und Internetverbindung abhängig

Methode 03 – Studio Link

Moment mal: Studio Link ist doch auch ein Tool, bei dem man sich auf einer Webseite trifft, um dort einen Podcast aufzunehmen! Ja, das ist partiell richtig. Doch der große Unterschied zwischen Studio Link und den oben genannten Anbietern ist, dass Studio Link während der Aufnahme nicht auf irgendeinem entfernten Server recordet, sondern auf die Festplatten der Rechner der Teilnehmer. Dadurch haben wir eine gesicherte Aufnahme, selbst wenn mitten in der Session die Internetleitung abbricht (jüngst erst erlebt). Studio Link nimmt die Tonspur jedes Teilnehmers als eigene Datei auf und zwar bei jedem Teilnehmer, der auf Aufnahme drückt. So kann eine Aufnahme mit etwaigen Störgeräuschen einfach ausgetauscht werden, da sie ja mehrfach aufgezeichnet wurde. Ein weiterer Vorteil von Studio Link ist die native Integration in Ultraschall. Ultraschall ist eine DAW über die ich an anderer Stelle sicher noch mehr schreiben werde. Kurz gesagt: Es handelt sich um eine Art Skin und Erweiterung für Reaper, die tief aus der deutschen Podcast Community stammt. Wer also Ultraschall bereits zum Aufnehmen und Schneiden nutzt, kann entfernt sitzende Gäste einfach als eigene Tonspur ins Programm holen und dort direkt aufnehmen.

Vorteile

+ Einmal eingerichtet, ist der Workflow sehr schnell

+ Verlustfreie Audioqualität

+ Tonspuren aller Teilnehmer werden als eigene Datei lokal gespeichert

+ Integration in Ultraschall

Nachteile

– Installation und Benutzung von Ultraschall für Anfänger vielleicht Overkill

– Etwas kompliziertes Einstellungs-Panel in der Webschnittstelle

Methode 04 – Remote Tracks im Recorder

Wer mit einem physischen Recorder arbeitet, wird über unterschiedliche Input-Schnittstellen verfügen. Vorwiegend handelt es sich dabei um XLR-Eingänge, die für Mikrofone gedacht sind, doch auch 3,5 mm Klinken für TRS oder sogar TRRS-Kabel kommen vor. Über diese Eingänge lassen sich nun mehr oder weniger direkt weitere Peripherie-Geräte anschließen, die als Tonquelle aufgezeichnet werden können. So kann ein Kabel in ein iPad gehen, auf welchem jemand über Skype zugeschaltet ist. Bei einem TRRS-Anschluss kann sogar ein einfacher Telefonanruf abgegriffen werden.

Vorteile

+ Sehr flexibles System, da eine Vielzahl unterschiedlicher Geräte und Voice-Chat Tools kombiniert werden kann

+ Die einzige Lösung, die auch ohne Rechner auskommt

Nachteile

– Je nach Kabel und Anschluss kann die Qualität variieren

– Zusätzliche Hardware in Form von Kabeln und Adaptern notwendig

Fazit

Welche Methode mein Favorit ist, dürfte klar geworden sein. Seit etwa einem Jahr realisiere ich regelmäßige Aufnahmen über Studio Link und hatte noch nie ein Problem, noch keine korrumpierte Datei. Sollte ich mich in einer Situation wiederfinden, in der ich kein stabiles Internet habe, würde ich den Co-Host einfach anrufen auf Methode 01 zurückgreifen, da diese eben sehr einfach und stabil zu guten Ergebnissen führt. Wenn ihr noch weitere Methoden kennt, um über die Entfernung zu recorden, lasst es mich gerne wissen – natürlich aus sicherer Entfernung!

Outro

Wenn ihr hören wollt, wie meine eigenen Podcast-Folgen klingen, abonniert Hello from Earth, mein neues Freizeit-Podcast-Herzensprojekt. Wenn ich euch bei eurem Podcast helfen soll, dann scheut euch nicht mich anzusprechen.

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