Euren Podcast hört keiner und das ist okay

Warum es okay ist, wenig Hörer zuhaben

Schon Nietzsche wusste, dass es nicht auf die größtmögliche Beliebtheit ankommt, als er seinen Romanhelden Zarathustra mit einer Leiche als Reisebegleiter ausstattete. Genau so wünscht ihr euch eure Hörer.

Zarathustra kam von seinem Berge herabgestiegen, um zum Volke zu sprechen. Dazu kam er in eine Stadt, wo er sich der größtmöglichen Menschenmenge stellte und irgendetwas philosophisches verlautbaren ließ. Das Ergebnis: Er wurde mehr oder weniger vom Hof gejagt, weil zu weird, und freundete sich dann mit einer Leiche an, die ihm als Gesprächspartner genügte.

Diese Leiche ist eure Zielgruppe.

Damit will ich nicht sagen, dass eure Podcasts sterbenslangweilig seien, sondern, dass es eben Podcasts gibt, deren Zielgruppen sehr spitz sind, sozusagen in der Nische, nun ja, leben. Gerade bei technischen, wissenschaftlichen und überhaupt erklärungsintensiven Themen birgt die Hoffnung auf eine breite Hörerschaft im Mainstream fast zwangsläufig eine Enttäuschung. Außer man ist Virologe. Denn nicht nur muss die geeignete Zuhörerschaft derart an eurem Spezialthema interessiert sein, dass sie es in der Freizeit anhören würde, sie muss dazu auch noch Podcast-affin sein und euren Nischen-Podcast entdeckt haben. Je mehr Voraussetzungen für den Erfolg, desto niedriger die Zugriffe auf euren Feed. Die Wahrscheinlichkeit mit großen Nummern in den Analytics zu starten ist folglich gering. Aber wisst ihr was? Das ist völlig okay.

Denn Podcasts sind mehr ein Medium der Qualität, als der Quantität. So knüpfen eure (oberflächlich betrachtet) wenigen Hörer eine ungleich stärkere Bindung, als es beispielsweise die vielfache Menge Videozuschauer es tun würde. Podcast ist Deepdive anstatt Content für zwischendurch. Mit einem Podcast verbringen wir viel Zeit, nehmen ihn mit durch den Alltag und freunden uns quasi mit den Hosts unserer Lieblingsformate an. Bei den meisten Videos in Social Media oder News-Umgebungen ist es anders. Es entsteht der Eindruck, viele Videos seien gar nicht mehr dafür gemacht eine Bindung zwischen Sender und Empfänger zu knüpfen, sondern zum Generieren von Traffic.

Natürlich gibt es Videoformate, die sich diesem Trend widersetzen. Twitch-Streamer und manche YouTuber kommen einem in den Sinn. Diese funktionieren einem Podcast oft nicht unähnlich, nur dass sie eine visuelle Ebene haben und von den Vorzügen ihrer Plattformen profitieren. Dieses Thema ist sicherlich einen eigenen Beitrag wert.

Aber grundlegend scheint für die allermeisten Videos und Podcasts der oben genannte Unterschied zu gelten. Und natürlich haben beide Ansätze ihre Berechtigung, dienen sie schließlich unterschiedlichen Zwecken.

Als Podcaster sind wir also auf der Suche nach einer qualitativen Bindung. Diese Erkenntnis zu verinnerlichen, kann Kreativität und Mut freisetzen das Programm genau so zu gestalten, dass es diesen in ihrer Anzahl überschaubaren Gleichgesinnten gefallen wird, anstatt einer schwer erreichbaren Menge von Mainstream-Hörern, die Kompromisse im Inhalt fordert.

Der quantitative Erfolg eines Podcasts ist sicher entscheidend für den Erfolg beim Platzieren von Werbungen, der Akquise von Sponsoren oder Vermarktern und die Performance in Bestenlisten und Algorithmen. Aber am Anfang eures Podcasts wird die Monetarisierung wahrscheinlich noch keine Rolle spielen. Und die kann man auch anders erreichen – zum Beispiel über Supporter untern den Hörern.

Denn die qualitative Bindung lässt Hörer nicht selten zu Supportern graduieren. Profile auf Plattformen wie Patreon oder Steady sind für Podcasts heute keine Seltenheit mehr und entwickeln sich zu einem Finanzierungsmodell für Liebhaber-Podcasts.

Natürlich ist eine steigende Zahl der Listens motivierend und zeugt von einer gesunden Entwicklung eines Podcasts. Wenn sich diese Wachstumskurve aber nicht sofort einstellt, gilt es am Ball zu bleiben und nicht zu verzweifeln. Täglich gehen neue Podcasts an den Start und der Markt wird unübersichtlicher, die wahrgenommene Konkurrenz größer. Konzentriert euch am Anfang auf guten, konstanten Output. Sucht Touchpoints zu den Nerds eures Themenumfelds und lasst euch nicht demotivieren. Denn die meisten neu gegründeten Podcasts sind genauso schnell wieder auf verschwunden und schaffen es häufig nicht über die ersten zehn Folgen. Gebt euren Zuhörern Zeit eine Bindung zu euch aufzubauen. Lieber hundert gute Hörer, als tausend flüchtige. Lieber eine Leiche als Freund, als hundert lebende Feinde, die einen vom Hof jagen. Ich glaube, also sprach Zarathustra.

Outro

Wenn ihr hören wollt, wie meine eigenen Podcast-Folgen klingen, abonniert Hello from Earth, mein neues Freizeit-Podcast-Herzensprojekt. Wenn ich euch bei eurem Podcast helfen soll, dann scheut euch nicht mich anzusprechen.

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